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15. Dezember 2020

Digitalisierung im Einzelhandel – Der Realitätscheck

Autor: Marc Jehle von PLANSTAND GmbH & Co. KG

Die Corona-Pandemie zwingt den Einzelhandel, die eigenen Geschäftsmodelle zu überdenken, neu zu definieren und zu digitalisieren. Technologien wie künstliche Intelligenz oder Internet of Things erhalten dabei zusätzliche Schubkraft. Viele Handelsunternehmen forcieren die Investition in die IT-Infrastruktur, um systematisch Kundenbindung aufzubauen und die Komplexität der Daten zu bewältigen.

digitale Umsetzungen beim Shopping

Foto: Shutterstock

Wie können Handelsunternehmen bzw. Einzelhändler neue digitale Einkaufserlebnisse über alle Kanäle hinweg anbieten? Wie wird Omnichannel wirksam gelebt und umgesetzt? Wie lauten die zukünftigen Antworten auf Instore-Order, Click-and-Collect oder Instore-Retoure? Wie werden nahtlos integrierte Prozesse so angewendet, dass sie den Serviceanspruch der Kunden erfüllen und auf allen drei Kanälen (online, offline, mobil) den Kaufprozess unterstützen?

Es gibt sie – Best-Practice Shops, die vollumfänglich digitalisiert sind und emotionale Experiences bieten. Das wollen wir Euch an einem Beispiel näherbringen.

Umsetzung eines Digital-Store-Konzept am Beispiel Bonprix

 

Foto: Carsten Milbret

Aus zwei Welten wird eine – experimentelles Shopping-Lab

In Hamburg eröffnete Bonprix seinen ersten neuen Hightech-Laden „Fashion-Connect“. Drei Jahre lang hat es von der Idee bis zur Realisierung des Konzeptes gedauert. Wie man Digital und Offline optimal verbindet, wird hier auf eindrucksvolle Art präsentiert: Die Marke wagt den Versuch die stationäre Customer Journey zu digitalisieren.

Vorreiter im Bereich Multichannel-Retail

Das international erfolgreiche Modeunternehmen verbindet die Vorzüge des stationären Handels mit denen des Onlineshoppings und inszeniert aktuelle Modetrends unter Einbindung intuitiver, digitaler Technologien auf besondere Weise. Der innovative Future Store ist konsequent kundenzentriert, digital und lernfähig. Im Mittelpunkt steht die weiterentwickelte Bonprix-App, die Kunden smart begleiten und durch das Shopping-Erlebnis navigieren soll. Das Smartphone wird zum wesentlichen Hilfsmittel, denn es ist heute der alltägliche Begleiter der Kunden – egal ob sie sich darüber informieren oder damit shoppen.

Check-In. Foto: Carsten Milbret

Wie das Ganze funktioniert

So startet das Shoppen mit dem Check-In per Handy im Ladengeschäft. Dafür erweitert Bonprix die eigene Shopping-App um eine Store-Funktion mit der dann auch im Laden eingekauft werden kann. Ob Schuhe oder Pulli – alle Artikel tragen elektronische Preisschilder, die jederzeit die gleichen Preise wie im Online-Shop anzeigen. Auch Internet-Angebote werden in der Filiale mitgetragen. Das sei ein wichtiges Element im Laden, der schließlich die Kanäle miteinander verbindet.

Von jeder Größe gibt es nur ein Kleidungsstück zur Ansicht auf der Verkaufsfläche. Das ähnelt eher einem Designerlabel. Die hochwertige Warenpräsentation ist auch problemlos machbar. Denn wer anprobieren will, der holt nicht einfach das Kleidungsstück mit in die Kabine.

Das digitale Preisschild hat nämlich noch eine weitere Funktion: Scannt man den QR-Code ab, erscheint auf dem Display die Frage, ob man das Produkt anprobieren oder kaufen möchte. Dabei führt eine Art Chatbot durch den Prozess. Ist die Größe ausgewählt, werden ohne lästiges Schleppen die Bestellungen anschließend bereits wie von Zauberhand auf dem Weg in die personalisierte Umkleidekabine gebracht.

Foto: Carsten Milbret

Eine neue Aufenthaltsqualität

Der nächste Anlaufpunkt des Stores ist die sogenannte Fashion Bar. Erfrischende Getränke, inspirierende News und spontane Gespräche – hier trifft man sich, bevor es in den Fitting Room zur Anprobe geht. Zeitgleich wird dem Kunden hier durch mehrere Monitore mit aktuellen Neuigkeiten aus der Fashionbranche versorgt, während ausgewählte Catwalk Sounds die Vorfreude auf die ganz eigene, private Fashion Session im personalisierten Fitting Room noch vergrößern.

Room Service neu definiert

Per App wird der Kunde über den Prozess auf dem Laufenden gehalten. Ist die Kabine fertig, so erscheint die Nummer auf dem Display. Auch in der Kabine wird die digitale Customer Journey deutlich: Die extra großzügig gestaltete Umkleidekabine ist seit dem Check-In für den Kunden reserviert und empfängt diesen beim Betreten mit dem Inhalt der digitalen Shopping Bag, die bereits auf dem Bügel zur Anprobe bereitsteht. Damit sich die Kunden darin wohlfühlen, sind die Kabinen mit einer angenehmen Belüftung und mit vier wählbaren Lichtszenarien ausgestattet. So kann, bevor richtig losprobiert wird, vorab noch das passende Licht zur Stimmung angeschaltet werden. Auch auf das Innendesign wurde mit Holzoptik Wert gelegt, um die Kabine „instagramable“ zu machen.

Hinweis Zugang Umkleidekabine via App. Foto: Carsten Milbret

Doch hier hört das Erlebnis noch nicht auf, sondern geht erst richtig los: Der Room Service verleiht der Anprobe einen einzigartigen Touch, den wir herkömmlich nur aus der exklusiven Modeboutique kennen. Jede der 18 Kabinen ist mit einem großflächigen Touchscreen, der Änderungswünsche der Waren ermöglicht, ausgestattet. Will man ein Teil in einer anderen Größe probieren, heißt es „Sesam, öffne dich“ und die Nachbestellung liegt im Handumdrehen im Kleiderschrank in der optimalen Größe zur Anprobe in der Kabine bereit. Im Hintergrund arbeiten Mitarbeiter im halbautomatisierten Lager, die die Produkte picken und dann zur Kabine bringen. 

Umkleidekabine 2.0. Foto: Carsten Milbret

Für den Einkauf an sich braucht man hingegen keinen digitalen Assistenten. Denn der Kunde steckt die Ware einfach in die Tasche und verlässt die Kabine. Der RFID-Chip an der Kleidung sagt dem System, dass der Kunde das Produkt kaufen möchte. Wie sehr Bonprix beim Store auf Details achtet, zeigt die Einkaufstasche: „Glücklich steht dir gut.“ heißt es im Inneren. Genau das soll der Store bewirken: Kunden ein gutes Gefühl geben.

Omnichannel-Payment

Quasi im Gehen aktualisiert sich der Warenkorb, und zwar wenn die Treppe ins Obergeschoss genommen wird. Das funktioniert mittels RFID-Technologie. Der Chip ist direkt in das Preisschild der Ware eingearbeitet und muss nicht entfernt werden, sondern wird beim Kauf einfach deaktiviert. Bezahlen können die Kunden direkt per Paypal in der App. Sie müssen aber nicht. Im hinteren Bereich der Verkaufsfläche ist eine Kassenzone installiert, bei der Kunden entweder per EC- oder Kreditkarte oder mobil mit Google oder Apple Pay bezahlen können. Doch auch die Barzahlung ist an einem kleinen Schalter möglich. Dabei setzt Bonprix auch hier wieder auf digitale Wege: Der Kunde wird über Bildschirme durch den Verkaufsprozess geleitet.

Wer seine Waren nicht anprobieren möchte, der kann sie auch gleich kaufen. Nach einer kurzen Wartezeit werden die fertig gepackten Tüten dann in der Fast Lane im Untergeschoss bereitgestellt. Und da der Store auf jeder Ebene on- und offline miteinander verbinden möchte, gibt es im Untergeschoss auch Abholmöglichkeiten für Online-Bestellung. Selbst hier erfolgt die Öffnung der eigenen Klappe digital.

Foto: Carsten Milbret

Der neue Store sei ein Testlabor. Was Kunden nicht gefällt, werde neu gedacht.

Das innovative Konzept wurde 2019 mit dem POPAI Ehrenpreis in der Kategorie „Best Digital Integration“ ausgezeichnet. Beim German Design Award 2020 war das Konzept Winner in der Kategorie „Retail Architecture“. Auch der Sonderpreis des Handelsverband Deutschland (HDE) geht in 2020 an den fashion connect Store und kürt diesen zum Store of the Year. Internationale Anerkennung erreichte das Konzept für Innovationscharakter und Zukunftsfähigkeit bei den World Retail Awards in der Kategorie „Best Customer Experience Initiative – Retailer“.

Foto: Carsten Milbret

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